Für uns Menschen sind Kreuzschnäbel seit Jahrhunderten immer etwas Besonderes gewesen. Sie wurden deshalb schon von den Altvätern der Ornithologie in Menschenobhut gehalten. Man braucht sich deshalb über die Vielzahl der Namen, welche sie im Volksmund haben, nicht zu wundern.
So wurden Kreuzschnäbel schon bei SACHS und GESSNER als »Krumbschnabel« bzw. »Chrüzschnabl« bezeichnet. Eine Legende erzählt, Kreuzschnäbel seien es gewesen, welche mit ihrem Schnabel – der ja ein Zwischending von Brecheisen und Büchsenöffner ist – versuchten, die Nägel aus dem Kreuz des Heilandes zu ziehen. Gerade das Gegenteil war in einem süddeutschen Buch für Volksmedizin zu lesen. Die gekreuzten Schnabelhälften zeige die Hammerrunen des Gottes Thor. Weiterhin war man früher der Ansicht, dass ein Kreuzschnabel über einem Krankenbett die Krankheit an sich ziehe, deshalb auch der Name »Gichtvogel«. Ebenso gab es zu mancherlei Aberglauben Anlass, weil tote Kreuzschnäbel einen hohen Harzgehalt haben, sich kaum oder erst nach langer Zeit zersetzen. In verschiedenen gebirgigen Gegenden Deutschlands ist auch heute noch gültig:
“Zeigt der Unterschnabel nach links,
so gibst nur schlecht`s,
zeigt er dagegen nach rechts,
das Glück es bringst.“
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»Christvogel« wird er genannt, weil er sich meistens zur Weihnachtszeit bei uns aufhält, während »Zigeunervogel« sich auf seine Wanderlust bezieht, um gezwungenermaßen ein reiches Samenangebot zu suchen.
Systematik
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Kiefernkreuzschnabel (Loxia pytyopsittacus) 1.0 und 0.1 |
Fotos: © Dr. Classen |
Bei uns werden 3 Arten Kreuzschnäbel unterschieden, welche alle zur Gattung »Loxia« gehören: Der Kiefernkreuzschnabel, der Fichtenkreuzschnabel und der Bindenkreuzschnabel (
siehe auch Info Systematik).
Unsere Ornithologen vertreten verschiedene Meinungen über die systematische Einordnung der 3 bei uns brütenden Kreuzschnabelarten. Während die einen, die genannten Kreuzschnäbel als spezialisierte Unterart auf Kiefer, Fichte und Lärche ansehen und einer Art zuordnen, sind andere der Ansicht, die Kreuzschnäbel seien jeweils eine eigene Art. Einige Systematiker sehen den Schottischen Fichtenkreuzschnabel – welcher größenmäßig zwischen Kiefernkreuzschnabel und Fichtenkreuzschnabel liegt – als eigene Art an, von anderen wird diese wieder als Unterart des Kiefernkreuzschnabels oder des Fichtenkreuzschnabels betrachtet. Bei der Variante
rubrifasciata des Fichtenkreuzschnabels, er trägt verwaschene weiße Flügelbinden, wird auch die Vermutung geäußert, dass die Bindenkreuzschnäbel die ebensolche Binden tragen, die Vorfahren der Fichtenkreuzschnäbel sind.
Man erkennt adulte Kreuzschnäbel stets an den gekreuzten Schnäbeln und an der Größe. Nur, wie MAKATSCH (1977) schreibt, die Unterscheidung der Arten sei »leicht an ihren Schnäbeln zu erkennen«, trifft wohl nicht ganz zu.
Es gehört doch schon einige Übung dazu, in der freien Natur Kiefernkreuzschnäbel vom Fichtenkreuzschnabel zu unterscheiden. Wie aber erkenne ich den Schottischen Fichtenkreuzschnabel der mit seinem kräftigen Schnabel aussieht wie ein Kiefernkreuzschnabel? Hier muss man meines Erachtens auch mit den unterschiedlichen Lautäußerungen der Arten vertraut sein, wozu auch ein einigermaßen geschultes Gehör erforderlich ist. Trotzdem ist die Unterscheidung schwer, weil sich teilweise die Laute gleich anhören. Leichter ist die Bestimmung, wenn man die einzelnen Arten in der Voliere sieht. Der gewaltige Schnabel beim Kiefernkreuzschnabel, dem größten Kreuzschnabel, ist nicht nur an der Wurzel, sondern auch in der Krümmung vorn höher, was ihn kürzer erscheinen lässt. Er ist so kräftig, dass Kiefermuskeln und Kopf verstärkt gebaut sind. Der Vogel wirkt dadurch gedrungen und kopflastig. Die Lockrufe sind lauter und tiefer als beim Fichtenkreuzschnabel und klingen wie »Gop« oder »Zok« oder »Kop« oder »Göpp«
Der Schnabel des Fichtenkreuzschnabels übertrifft in der Länge die Höhe des Schnabels an der Basis und variiert geographisch, wobei wiederum der Gedanke auftaucht, dass es sich bei allen Kreuzschnabelarten um eine Anpassung an die Zapfen der Kiefer, Fichte oder Lärche handelt, wobei als bestes Beispiel der Schottische Fichtenkreuzschnabel gilt. Der Fichtenkreuzschnabel ist etwas kleiner als ein Kiefernkreuzschnabel.
Seine Lockrufe klingen metallisch »Glipp« oder »Schipp« oder »Gip«.
Der Bindenkreuzschnabel ist am einfachsten zu erkennen. Er ist etwa 2 Zentimeter kleiner als ein Fichtenkreuzschnabel und sein Schnabel ist gestreckter; seine Flügel aber tragen 2 weiße Flügelbinden. Er könnte höchstens mit der Variante rubrifasciata des Fichtenkreuzschnabels verwechselt werden, aber dessen Flügelbinden sind verwaschener. Die bei uns häufig gehaltene und gezüchtete bifasciata ist etwas größer als die Nominatform und hat einen schmaleren Schnabel. Seine Lockrufe sind weicher und weniger metallisch als beim Fichtenkreuzschnabel und klingen wie »Giff« oder »Phiht«.
Die Männchen der Kreuzschnäbel sind überwiegend rötlich, bzw. bei juvenilen Männchen rötlichgelb gefärbt, wogegen die Weibchenmehr im gelblichgrünen Ton gehalten sind. Jungvögel sind grünlichgrau und stets mit kräftigen schwärzlichen Streifen versehen. Die Nestlingesind grau bedunt. Ihr Rachen ist leuchtendrot und die Randwülste gelblich gefärbt.
Verbreitung
FICHTE |
benötigt 5 bis 9 Monate bis zur Reife = Oktober bis Frühjahr nächsten Jahres. |
KIEFER |
benötigt 22 Monate bis zur Reife = März, April des 3. Jahres. |
TANNE |
benötigt nur 3 Monate bis zur Reife = Herbst des gleichen Jahres. |
LÄRCHE |
benötigt nur 3 Monate bis zur Reife = Herbst des gleichen Jahres.
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Der Kiefernkreuzschnabel ist ein seltener Gast aus der nordeuropäischen Taiga. Er hält sich, wie sein Name schon sagt, mit Vorliebe in Kiefernwälder auf, die andere Kreuzschnabelarten, außer Loxia scotica , kaum aufsuchen. Ausnahmsweise fliegen anlässlich von Fichtenkreuzschnabel-Invasionen ganz wenige Exemplare mit bei uns ein.
Der Fichtenkreuzschnabel ist Brutvogel in der Nadelwaldzone der Nordhalbkugel. Er ist bei uns die häufigste Kreuzschnabelart und bewohnt vorwiegend die Fichtenwälder der Gebirge, stellenweise aber auch die im Flachland. In Jahren guter Zapfenmast werden die heimischen Populationen von nordischen und östlichen Fichtenkreuzschnäbeln verstärkt, welche dann in großer Zahl einfliegen.
Der Bindenkreuzschnabel bevorzugt Lärchenwälder. Vom nördlichen Russland aus streift er durch das Baltikum in ganz wenigen Exemplaren bei uns in Deutschland ein.
Alle 3 Kreuzschnabelarten – der Kiefernkreuzschnabel spezialisiert auf Kiefernsamen, der Fichtenkreuzschnabel spezialisiert auf Fichtensamen und der Bindenkreuzschnabel spezialisiert auf Lärchensamen – wandern bei Nahrungsmangel häufig auf derselben Route in dieselben Gebiete. Hauptrichtung ist dann Südwest und kann bis Spanien gehen. Ausnahme sind die skandinavischen Fichtenkreuzschnäbel, welche nach England ziehen.
Die Invasionen fallen nicht immer exakt mit den Mangeljahren zusammen, vielmehr beginnen die Wanderungen oft schon, bevor der Umfang der neuen Ernte ersichtlich ist. Man vermutet, dass wahrscheinlich eine hohe Bestandsdichte eine Abwanderung nötig macht. Interessant ist, dass einige Kreuzschnäbel frühestens im 2. Jahr nach der Invasion in ihre heimatlichen Brutgebiete zurückkehren.
Wer das Leben der Kreuzschnäbel verstehen will, der muss einiges über ihre Nahrung, also über unsere Nadelhölzer wissen. Bei Kiefern- und Fichtenkreuzschnabel wissen wir ja schon anhand ihrer Namen, auf welche Samen sie sich spezialisiert haben. Beim Bindenkreuzschnabel sind es hauptsächlich die Lärchen, weshalb er verschiedentlich auch »Lärchenkreuzschnabel« genannt wird.
Alle Kreuzschnabelarten können Samen aus jeder Zapfenart in sämtlichen Reifestadien herausholen, machen es aber meistens nur dann, wenn es am leichtesten ist, das heißt, wenn die Zapfen sich zu öffnen beginnen. So kann die Ernte der Nadelholzsamen bei uns zu folgenden Zeiten geschehen:
Bei Tanne und Lärche stehen die Zapfen, so dass von der Reife bis zum Frühjahr immer noch Samen in den Zapfen sind. Wichtig ist dieses, weil Kreuzschnäbel keine Nahrung wirtschaftlich vom Boden aufnehmen können; die Zeit würde nicht reichen, um vom losen Samen gesättigt zu werden. Im riesigen Nadelwaldgebiet Eurasiens treten in unterschiedlichen Jahren gute Zapfenmast oder auch Zapfenmissernten auf. So kann es vorkommen, dass Kreuzschnäbel von heute auf morgen auf Wanderschaft gehen, um ein Zapfenmastgebiet zu finden. Hier bleiben sie dann auch, um zu brüten. Reicht die Nahrung nicht mehr aus, suchen sie sich ein neues Gebiet mit reichlich Zapfen. Übrigens können Kreuzschnäbel als Anpassung an die unterschiedlichsten Reifezeiten der Nadelhölzer zu allen Jahreszeiten nisten. Die Brutzeit fällt aber am häufigsten in die Monate Dezember bis April. Die Jungen schlüpfen dann in einer Zeit, wenn das Futterangebot besonders reichlich ist. Das Weibchen baut allein das Nest sehr hoch in den Bäumen. Es ist dickwandig und gut gepolstert, damit die Jungen bei Schnee und Eis gut gegen Kälte geschützt sind. Auch kann im gleichen Nest dann während des Sommers die Zweitbrut erfolgen.
Kreuzschnäbel brüten in der Regel in Gruppen zu 2 bis 3 Paaren. In der Brutzeit führen die Männchen ihre Balzflüge aus und lassen ihren gemischten Gesang hören. Außerhalb der Brutzeit sind Kreuzschnäbel sehr gesellige Vögel und streifen zur Nahrungssuche umher. Alle 3 Arten können sich dann vermischen.
Nahrungserwerb und Nahrung
Futterpflanzen
von denen Kreuzschnäbel gerne Früchte, Samen, Triebe oder Knospen verwerten
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Name |
Teil |
Jahreszeit |
Ahorn |
Samen |
10-02 |
Apfelbaum |
Knospen, Apfel |
01-12 |
Bärenklau |
Samen |
09-10 |
Beifuß |
Samen |
09-05 |
Birken |
Samen |
07-03 |
Bocksbart |
Samen |
05-08 |
Buche |
Knospen, Samen |
09-03 |
Distel |
Samen |
09-12 |
Douglas |
Samen, Knospen, Triebe |
01-12 |
Eberesche |
Beeren |
08-01 |
Efeu |
Beeren |
10-03 |
Erbsen |
Frucht |
05-09 |
Erlen |
Samen |
10-01 |
Esche |
Samen |
08-02 |
Fichte |
Samen, Knospen, Triebe |
01-12 |
Großklette |
Samen |
09-01 |
Hainbuche |
Samen, Knospen |
09-03 |
Karde |
Samen |
10-03 |
Kiefer |
Samen, Knospen, Triebe |
01-12 |
Kirschbaum |
Knospen |
03-06 |
Lärche |
Samen, Knospen, Triebe |
01-12 |
Lebensbaum |
Samen, Knospen, Triebe |
01-12 |
Linde |
Samen |
08-02 |
Pappel |
Samen, Kätzchen |
03-07 |
Sanddorn |
Knospen, Beeren |
09-06 |
Schlehe |
Beeren |
11-12 |
Tanne |
Samen, Knospen, Triebe |
01-12 |
Wacholder |
Samen, Knospen, Triebe |
01-12 |
Walnuss |
Nuss |
01-12 |
Weißdorn |
Beeren, Knospen |
08-03 |
Bei der Futtersuche turnen Kreuzschnäbel, ähnlich wie Papageien, im Gezweig herum, wobei sie den Schnabel als 3. Greiforgan einsetzen. An größeren Zapfen klammern sie sich an, kleinere reißen sie ab und halten sie mit den Zehen fest. Die bearbeiteten Zapfen sind leicht an ihrem zerrupften Aussehen und den längs zerschnittenen Schuppen zu erkennen. Fest geschlossene, unreife Zapfen sind von ihnen schlecht zu öffnen. Herhabgefallene Zapfen können die Anwesenheit von Kreuzschnäbeln verraten. Infolge der starken Spezialisierung der Kreuzschnäbel auf ihren Samen sind bei Invasionen die Zahl der Einflüge, die Verweildauer und die
Brutzeit bekanntlich weitgehend vom Zapfenangebot abhängig.
Mit gekreuzten Schnabelspitzen spreizt der Kreuzschnabel die Schuppen ab, um an den Samen zu gelangen. Je nachdem ob die Spitze des Unterkiefers nach links oder rechts gebogen ist, muss der Kreuzschnabel seinen Kopf in eine bestimmte Lage zum Zapfen bringen. Durch diese ständigen einseitigen Bewegungen entwickeln sich die Kiefer- und Halsmuskeln ungleich. Kreuzschnäbel können Zapfen von jeder Nadelbaumart öffnen. Auch werden von diesen Bäumen frische Triebe abgenommen. Von Laubbäumen und Sträuchern nehmen sie Blatt- und Blütenknospen und sehr oft auch Früchte und Beeren. Weiterhin werden Insekten, auch als Nestlingsnahrung, zum Beispiel Blattläuse und Schmetterlingsraupen, aufgenommen. Um an Insekten zu kommen, öffnen sie selbst die Gallen an Nadel- und Laubbäumen.
Auch die Jungen werden mit Nadelholzsamen gefüttert. Man hat ausgerechnet, dass eine Fichtenkreuzschnabelbrut allein bis zum Ausfliegen rund 85 000 Samen verzehrt. Zu einem großen Trinkbedürfnis führt die Aufnahme der ölhaltigen Samen. Um dieses zu befriedigen, werden selbst im Winter Blätter und Äste vom Reif befreit oder Schnee aufgenommen. Um ihren Mineralbedarf zu decken, sind sie an Viehunterställen auf Weiden anzutreffen, wo sie uringetränkte Erde oder Schnee aufnehmen.
Es wird normal eine monogame Brutehe geführt, doch in Einzelfällen ist Bigynie, also die Verpaarung eines Männchens mit 2 Weibchen, nachgewiesen worden. Die Jungvögel der 1. Brut bei den Fichtenkreuzschnäbeln helfen den Eltern bei der Fütterung der Nestlinge aus der 2. Brut. Lage und Dauer der Brutzeiten sind in einzelnen Jahren unterschiedlich und vom Nahrungsspektrum abhängig. So wird eine Brut nur bei sehr gutem Nahrungsangebot durchgeführt.
Die Zusammenstellung der Paare hat seine Schwierigkeiten, da das Weibchen sich ein passendes Männchen selber aussucht und hierbei sehr wählerisch ist. Sucht ein Weibchen aber die Nähe eines Männchens und bettelt es um Futter an, dann ist die Paarbildung vollzogen. Dieses kann im Zeitraum von Herbst bis Frühjahr geschehen. Bei der Balz sträubt das Männchen sein Gefieder und gibt sich somit das Aussehen einer Kugel. Hierbei lässt es seinen heftigen Gesang hören. Das Weibchen antwortet. Beim Singen kann das Männchen eine Feder oder einen Halm in den Schnabel nehmen. Dieses wird mehrmals wiederholt, bevor das Männchen aufspringt um das Weibchen, welches geduckt sitzt, zu begatten. Die Begattungen werden öfters wiederholt und finden sowohl auf dem Nest, in Nestnähe oder weiter weg vom Nistort statt.
Bei uns fällt die Brutzeit meistens in die Monate Dezember bis April. Kreuzschnäbel bevorzugen eindeutig Brutbiotope wo genügend Nahrung zur Verfügung ist. Sie beginnen dann gemeinsam und fast gleichzeitig mit 2 bis 5 Paaren das Brutgeschäft. Deshalb verfügen sie nur um ein Mindestmaß an Territorialverhalten, das heißt, ein kleiner Bezirk um das Nest herum. Der Nistplatz wird durch das Weibchen festgelegt. Er befindet sich meist relativ hoch zwischen 4 - 30 m in Nadelbäumen. Auch wird das Nest vom Weibchen allein gefertigt, wobei es vom Männchen bei der Nistmaterialsuche begleitet wird. Das Nest wird in den Bäumen so angelegt, dass es eine gute Deckung gegen Sicht und Schnee durch überhängende Äste bietet. Gefertigt wird es aus dürren Reisern, Halmen, Moos und Flechten. Je nach Witterung wird es dünner oder dicker mit Bast, Haaren und Federn ausgepolstert. Die Größe richtet sich nach der Kreuzschnabelart.
Die Eiablage erfolgt täglich. Die Grundfarbe der ovalen Eier ist trübweiß bis rahmfarben, sie sind sparsam, besonders am stumpfen Pol, mit purpurbraunen Flecken versehen. Die Eier der Kreuzschnäbel gleichen sich in der Farbe. Sie sind nur unterschiedlich groß. Ein Gelege besteht meistens aus 3 bis 4, ganz selten aus 5 Eiern.
Wegen der kalten Witterung wird ab sofort das 1. Ei bedeckt bzw. bebrütet. Man hat schon Kreuzschnäbel bei minus 35 ° Celsius angetroffen. Das Weibchen brütet allein, wird aber vom Männchen mit Nahrung versorgt und verlässt das Nest nur zum Verrichten der Notdurft. Die Bebrütungszeit liegt zwischen 14-16 Tagen.
Die Jungen schlüpfen asynchron. Sie werden in den ersten 10 Tagen ständig vom Weibchen gehudert. Während dieser Zeit werden sie auch vom Weibchen gefüttert, dass die Nahrung vom Männchen aus dem Kropf bekommt. Nach 10 Tagen füttert auch das Männchen direkt. Die Eltern kommen dann meistens gemeinsam zur Fütterung ans Nest. Trotz großer Minusgrade können die Jungen dann längere Zeit allein sein, weil die Eltern Futter suchen. Die Jungen werden dann oft im verklammten Zustand (Torpidität) von den Eltern angetroffen, sind aber nach ein paar Minuten Hudern wieder aktiv. Sind die Kiele aufgebrochen, so wird nur noch selten gehudert und auch das Nest nicht mehr rein gehalten. Die Jungen setzen dann den Kot auf den Nestrand ab. Da die Nestlingszeit von der Tageslänge und Fütterungshäufigkeit abhängt, kann diese 16 bis 25 Tage betragen. Nach dem Ausfliegen füttern beide Eltern die Jungen noch 8 Tage gemeinsam, dann aber das Männchen allein, weil das Weibchen sich um die 2. Brut kümmert. Mit 5-8 Wochen sind die Jungen selbständig. Nun beginnen sich die Schnabelhälften zu kreuzen.
Heutzutage wissen wir über die Biologie und Bedürfnisse der Kreuzschnäbel gut Bescheid und ein Alter von 13-15 Jahren in Menschenobhut ist durchaus keine Seltenheit. Um gute Zuchtergebnisse zu erzielen, ist eine möglichst naturgemäße Haltung unbedingt erforderlich.
Kreuzschnäbel lassen sich in einem größeren Käfig gut züchten. Da wir aber eine artgemäße Haltung anstreben, ist eine Voliere besser geeignet, wo sie ausreichend Bewegung haben und auch die Farbstoffentwicklung gefördert wird.
Auch dürfen wir nicht vergessen, dass Kreuzschnäbel Vögel der Baumwipfel sind und bei Gefahr nach oben auszuweichen versuchen, weshalb die Voliere nicht zu niedrig sein sollte. Kreuzschnäbel sollten zur Zucht paarweise gehalten werden. Sie werden dann nicht gestört und können in Ruhe und ohne Stress ihre Brut durchführen. Nach der Brutzeit sind sie nach Möglichkeit in Gruppen zu halten, damit sich die Paare selbst finden können. Ein Schutzraum für Kreuzschnäbel ist trotz ihrer Winterhärte angebracht.
Im Sommer sorgt man für ein schattiges Plätzchen. Eine Bepflanzung der Voliere ist nicht nötig, denn sie wird ja doch nur zerbissen. Selbst Holunder, den sie meisten Vögel nicht mögen, wird in kurzer Zeit zerstört. Am besten ist es, die Wände mit entsprechenden Nadelholzzweigen (je nach Art) regelmäßig zu bestücken. Als Einstreu empfiehlt sich zweckmäßigerweise Nadelwalderde mit kleinen Ästen und Zapfen, wie man sie im Wald findet. So wird Feuchtigkeit verhindert und Schimmelbildung vorgebeugt. Zweige und Zapfen, auch wenn sie schon leicht verrottet, werden gerne benagt.
Zur Zucht sollten nur gesunde und geschlechtsreife Vögel genommen werden. Sehr wichtig ist, dass sie gut miteinander harmonisieren, da sonst Misserfolge vorprogrammiert sind. Obwohl Kreuzschnäbel meistens ihre Nester ohne Nisthilfen bauen, sind welche anzubieten. Natürlich müssen sie der Art entsprechend sein, denn der Kieferkreuzschnabel kann mit einem „Kaisernest“ nichts anfangen. Es bieten sich hier die »Sabel´schen Nistklötze« oder Drahtkörbchen, wie sie für Täubchen genommen werden, an. Ist sich ein Paar einig, so reicht man entsprechendes Nistmaterial, welches auch in der freien Natur verbaut wird. Sehr wichtig ist es, genügend Kalk für das Weibchen zur Verfügung zu stellen. Die Beringung der Jungen ist zwischen dem 5. bis 7. Tag mit den vorgeschriebenen Ringen vorzunehmen, sie sollten aber mit Wasserfarbe und Leucoplast behandelt werden. Sie werden sonst als Fremdkörper angesehen. Ab dem 12. Tag sollte man am Nest nicht mehr stören, die Jungen könnten versuchen, das Nest vorzeitig zu verlassen.
Normalerweise verlassen die Jungen das Nest nach 16 bis 25 Tagen. Nun erneutes Nistmaterial reichen, damit das Weibchen eine erneute Brut beginnen kann. Meistens wird jedoch kein neues Nest gebaut, sondern das alte nur ausgebessert. Die Jungen des Fichten- und Bindenkreuzschnabels sind in der Regel mit der 5. bis 6. Woche, die des Kiefernkreuzschnabels ab der 8. Woche in der Lage, selbständig Samen aus den Zapfen zu lösen.
Kreuzschnäbel sind bezüglich der Nahrungswahl wenig anspruchsvoll und gute Futterverwerter, wenn man davon absieht, dass man fast täglich Zapfen und frische Nadelholztriebe reichen muss. Die Zapfen sollten nach Möglichkeit längs aufgeschnitten werden und je nach Art halbiert oder geviertelt werden. Sie können auf einen Futtertisch oder auf dem Boden gereicht werden. Auf Drähte gezogen und dann aufgehangen, werden sie gern als Futterquelle aufgesucht. Ebenso werden Baumspitzen von Nadelhölzern umgekehrt in der Voliere aufgehängt.
Fertige Futtermischungen – sie enthalten all das was unsere Kreuzschnäbel brauchen – sind im Versandhandel erhältlich. Diese Mischungen werden trocken und auch aufgequollen gerne aufgenommen, ja sogar an die Jungen verfüttert. Zur Aufzucht müssen auch noch Insekten gereicht werden. Bewährt haben sich besonders Maden und Puppen des Mehlkäfers. Nicht jeder Kreuzschnabel nimmt Lebendfutter zu sich.
Regelmäßige Gaben von Vitaminen und Mineralien sollten selbstverständlich sein. Ebenso werden Beeren und Früchte gerne angenommen. Wird das Trinkwasser täglich im Schutzraum gereicht, wird es nicht so schnell verunreinigt. Die rote Färbung geht auch in größeren Volieren trotz ausreichender Bewegungsmöglichkeiten teilweise verloren und es zeigen sich gelbgrüne Töne. Hier helfen Gaben eines roten Farbstoffes, wie z. B. Canthaxantin. Nach der Mauser wird das Futterangebot reduziert.
Alle Kreuzschnabelarten haben in den letzten Jahren ihre Liebhaber gefunden. Bei artgerechter Haltung und Ernährung der Kreuzschnäbel lässt die Nachzucht nicht auf sich warten. Alle Arten sind von Natur aus sehr ruhig und zutraulich. Bei ihnen bestätigt sich das was wir an ihnen so lieben. Zu Wenigen gehalten baut sich zwischen Vogel und Pfleger ein Vertrauensverhältnis auf und es dauert nicht lange so setzen sie sich bei der Fütterung auf die Hand oder Schulter des Pflegers.